Die Duration ist ein wichtiges Kriterium für Anleiheinvestoren. Aber das ist noch lange nicht alles.
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Wir hören viel zu häufig, dass sich bei Anleihen alles nur um die Duration dreht. Die Duration, d.h. die Preissensitivität eines Wertpapiers auf Zinsschwankungen, ist gewiss ein wichtiger Faktor für alle, die an den Anleihemärkten investieren. Aber sie ist nicht das einzige Kriterium.
Die Duration ist ein wesentliches Konzept für Anleiheinvestoren, vor allem in Zeiten erhöhter Durationsrisiken. Die starke Nachfrage der Anleger nach langlaufenden Anleihen und das entsprechende Angebot hat die Gesamtduration des Anleihemarktes in den letzten Jahren auf ein Rekordniveau angehoben. Seitdem die US-Notenbank die Zinsen wieder anzieht und auch andere Zentralbanken die außerordentlich lockere Geldpolitik des letzten Jahrzehnts allmählich drosseln, ist es einfach, sich ausschließlich auf die Risiken zu konzentrieren, die von steigenden Zinsen ausgehen. Aber der Anleihemarkt ist groß und vielfältig. Er bietet eine Vielzahl an Investmentmöglichkeiten, und nicht nur die, die von der Ausrichtung der Zentralbanken und der Zinssätze abhängen.
Am Anleihemarkt verspricht ein aktiver Investmentansatz viele Vorteile. Das seit Jahren andauernde Niedrigzinsumfeld und die außergewöhnliche Geldpolitik lösten eine ausgeprägte Jagd nach Ertrag und Rendite aus. Die Nachfrage der Investoren nach höher rentierenden Investments belastete wiederum die Renditen der langlaufenden Anleihen und verflachte die Zinskurve. Folglich wurden immer mehr langfristige Anleihen zu historisch niedrigen Zinssätzen ausgegeben. Wenn am heutigen Markt ein Vergleichsindex abgebildet wird, sind Investoren der sehr hohen Duration ausgesetzt, noch dazu zu einem Zeitpunkt, zu dem die Zinssätze und die damit verbundenen Risiken steigen und der Kupon die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Gesamtrendite nicht ausgleicht.
Das Durationsrisiko kann mit verschiedenen Strategien gemindert und gesteuert werden: von Short-Positionen in US-Treasuries bis hin zu Investitionen in kurzlaufende Hochzinsanleihen, um nur ein paar offensichtliche Ansätze zu nennen. In einem traditionellen Portfolio mit Staatsanleihen kann das Durationsrisiko normalerweise nicht völlig ausgeschlossen werden. Aber auch hier sind relative Überlegungen zur Zinskurve möglich, die das Risiko teilweise ausgleichen, indem eine bestimmte Risikodimension isoliert wird – etwa ein Teil der Zinskurve (z.B. 5 Jahre gegenüber 10 Jahren oder 10 Jahre gegenüber 30 Jahren). Im Gegensatz zum richtungsabhängigen Zinsrisiko in einem der beiden Elemente ist hier die relative Performance der einzelnen Elemente im Verhältnis zueinander wichtig. Dabei ist sicherzustellen, jeweils nur eine Risikodimension auszunutzen, um das Risiko und letztlich die Erträge der aktiven Strategien nicht durcheinanderzubringen. Dem aktiven Manager stehen neben der Duration die folgenden Risikodimensionen zur Verfügung: Zinskurve, Unternehmensanleihen, Währung, Land (Staatsanleihen aus Industrie- und Entwicklungsstaaten), Inflation und Volatilität.
Die sich daraus ergebenden Investmentchancen sind vielfältig. Der Markt für Unternehmensanleihen bietet ganz offensichtlich die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit einzelner Unternehmen einzuschätzen. Hier gibt es ein breit gefächertes Spektrum, von der Stabilität der am höchsten eingestuften Investment-Grade-Anleihen bis hin zu den höheren Renditen bei Sub-Investment Grade-Anleihen. Neben diesem Long-only-Ansatz ist es auch möglich, den Credit-Spread separat zu halten. Dies funktioniert entweder darüber, dass das zugrunde liegende Zinsrisiko der Staatsanleihen abgesichert wird oder über Derivate wie Credit Default Swaps.
Ferner kann eine uneingeschränkte Anleihestrategie auf Inflations- oder Wachstumserwartungen setzen. Dies geschieht entweder direkt über inflationsgeschützte Wertpapiere oder indirekt über Inflationsswaps, um bestimmte Inflationswerte bzw. -bereiche zu isolieren. Währungsschwankungen bieten attraktive Anlagechancen und können isoliert oder zusammen mit dem zugrunde liegenden Zinsänderungsrisiko gehalten werden. Beispielsweise wäre es möglich zu sagen, dass der aktuelle Zinssatz der brasilianischen Anleihen in Lokalwährung attraktiv ist, dass wir den brasilianischen Real jedoch kritisch betrachten. In diesem Fall könnten wir die zugrunde liegenden Anleihen kaufen und das Währungsrisiko absichern. Zudem gibt es Beispiele wie Indien, wo die Währung der liquidere Ausdruck des zugrunde liegenden Marktes ist. Hier sind Investitionen in Lokalwährungsanleihen ein komplexer und umständlicher Prozess.
Die Überlegung eines aktiven Managers, welche Instrumente zum Ausdruck einer bestimmten Sichtweise verwendet werden, ist oft genauso wichtig wie die Einschätzungen selbst. Bei Anlageentscheidungen sind Liquiditäts- und Skalierbarkeitsüberlegungen zu berücksichtigen. Bei dieser Idee sollte eine andere Umsetzungsstrategie wie etwa Derivate für bessere Fundamentaldaten sorgen.
Bei Anleihen dreht sich also nicht alles nur um die Duration. Dieser Markt ist ein raffiniertes und komplexes Instrument, das viele verschiedene Spielarten erlaubt. Die Diversifizierung über die verfügbaren Risikofaktoren – Duration, Land, Zinskurve, Währung und Volatilität – sowie eine sorgfältige Titelauswahl sind für wirklich aktive Anleger am wichtigsten. Da sich die Performance der einzelnen Anleihesegmente wohl mit dem Ende des langen Bullenmarkts zunehmend stärker unterscheiden wird, dürften diese Faktoren in den kommenden Monaten und Jahren von größter Bedeutung sein.