Warum Absolute Return Fixed Income-Strategien das traditionelle Asset Allocation-Denken in Frage stelle
3-Minuten-Lektüre

In seinem Buch „Behave“ fordert Autor Robert Sapolsky seine Leser auf, sich vom „kategorialen Denken" zu befreien. Um seinen Standpunkt zu verdeutlichen, nutzt er das Farbspektrum. Die Grenzlinien zwischen Farben werden willkürlich gezogen, und jede Sprache schneidet bei der Zuordnung von Wörtern zu Farben diese Grenzlinien anders zu.
Warum ist das wichtig? Sapolsky erklärt: „Zeige jemandem zwei annähernd gleiche Farben. Wenn die Farbgrenze in der Sprache dieser Person zufällig zwischen die zwei Farben fällt, wird die Person den Unterschied zwischen den beiden Farben überschätzen. Das Gegenteil ist der Fall, wenn die Farben in dieselbe Kategorie fallen."
Sobald es also eine kategoriale Grenze gibt, fangen wir an, viel zu viel Wert auf etwas zu legen, das eigentlich willkürlich ist. Man verliert das Gesamtbild aus den Augen. Investoren können daraus ganz viel lernen.
Charakteristika versus Bezeichnungen
Wenn Sie an die „Töpfe“ unterschiedlicher Anlageklassen denken, die wir in der Investmentbranche geschaffen haben, zeigt sich mehr oder weniger dasselbe Bild. Indem wir Grenzlinien zwischen Asset-Klassen in den Sand ziehen und Assets in Kategorien unterteilen, laufen wir Gefahr, das Gesamtbild aus den Augen zu verlieren: In diesem sind nämlich die Charakteristika von Vermögenswerten für ein Portfolio entscheidend, nicht ihr Name.
Nehmen Sie einmal an, sie würden den Begriff der Liquidität gar nicht mehr in Ihrer Suchoptik haben, also bei einem Investment außer Acht lassen. Etwa sind Private Debt und Infrastructure Debt Fixed Income-Anlagen, die stabile Cashflows bieten, und nur aufgrund ihrer Illiquidität gehören sie zu den Alternative Investments. Wandelanleihen galten immer schon als Beispiel für einen Vermögenswert an der Grenze zwischen Aktien und Anleihen. Alle diese Assets weisen Eigenschaften auf, die sich Investoren immer noch wünschen und die, halten wir uns zu sehr an traditionelle Definitionen, möglicherweise knapp sind.
Bei Absolute Return Fixed Income-Fonds sind die Herausforderungen in Bezug auf die Kategorisierung ähnlich, denn sie gehören für viele Anleger in den Bereich Alternative Investments. Es gibt jedoch einige gute Gründe das anzuzweifeln.
Zum einen können Investoren angesichts des schwierigen Umfelds für Anleihen durchaus etwas Unterstützung für den Fixed Income-Bereich ihres Portfolios brauchen. Oder anders gesagt: Anleger müssen umdenken. Die Frage, ob das Ende des 30-jährigen Anleihen-Bullenmarktes endlich erreicht ist, taugt für eine intellektuelle Debatte immer noch, klar ist aber auch, dass die Renditen im traditionellen Fixed Income-Bereich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr so sein werden wie in der Vergangenheit. Das, was Anleger früher im Fixed Income-Bereich gesucht haben – Kapitalerhalt, stetige und vorhersehbare Renditen und Diversifizierung gegenüber riskanteren Anlagen – wird in den kommenden Jahren nicht mehr so leicht zu finden sein.
Darüber hinaus steigt das Risiko für indexbasiertes Investieren im Fixed Income-Bereich. In einem Umfeld sehr niedriger Renditen wird es wird immer schwieriger Abwärtsrisiken zu managen, da es bei fallenden Preisen kein Polster gibt. Noch wichtiger ist, dass die Durationen – also die Sensitivität einer Anleihe gegenüber Zinsänderungen – steigen, wenn Unternehmen und Staaten längerfristige Schulden begeben. Bei steigenden Zinsen ist das für Anleger keine gute Sache.
Zum zweiten ist es ganz entscheidend – unabhängig vom künftigen Umfeld – gut diversifizierte Portfolios zu schaffen (also die Portfolios richtig aufzuteilen). Die historischen Vorteile von Investitionen in festverzinsliche Wertpapiere als Diversifikator und defensive Anlage schwinden. Die negative Korrelation von Anleihen und Aktien, gemessen an Bloomberg-Daten zum US Aggregate Bond Index und S&P 500, zeigt, dass es in der Vergangenheit tatsächlich Diversifizierungsvorteile gab. In letzter Zeit hat sich jedoch eine positive Korrelation abgezeichnet. Diversifizierung zu finden wird immer schwerer.
Und zuletzt: Gibt man die Enge des reinen Fixed Income-Blicks auf, dann stellt man als Investor fest, dass es enorm wichtig ist, im Portfolio Anlageklassen zu halten, die kaum oder negativ mit dem großen Rest des Portfolios korreliert sind. Es macht Sinn, für genau diese im Portfolio einen Platz zu finden – unabhängig davon, zu welchem „Topf“ sie gehören.
Diversifizierte Renditequellen: nicht mehr zwei, sondern sechs
Angesichts der Bedeutung von niedrigen Korrelationen und Kapitalerhalt ist es wichtig zu verstehen, wie diese Merkmale mit Absolute Return Fixed Income-Produkten erreicht werden.
Während traditionelle Rentenfonds und viele Absolute Return Fixed Income-Fonds hauptsächlich auf das Management von Durationen und Credit Spreads setzen, suchen wir nach zusätzlichen Risiko- und Renditequellen. Diese Diversifikation trägt dazu bei, dass die Gesamtrenditen eines Portfolios nicht mit größeren Märkten korrelieren. Durch die Veränderung der Risikoquellen verbessert sich das Risiko-Ertrags-Profil eines Portfolios, was in Zeiten steigender Zinssätze vielleicht wichtiger ist als der Versuch, um jeden Preis die Renditen hoch zu halten. Ein Beispiel dafür ist unser aktives Management von Chancen aus Volatilitätsschwankungen, wobei nicht nur Ineffizienzen bei Durationen und Spreads ausgenutzt werden, sondern auch in Bezug auf die Zinskurve, Inflation und Wechselkurse.
Fazit
Der entscheidende Punkt ist also, dass wir mit festgefahrenem Denken oft das größere Bild aus den Augen verlieren. Wie wir Grenzen und Grenzlinien definieren, schränkt das die Gesamtdynamik des Portfolios und letztlich unser Risiko-Ertrags-Profil ein. Wenn Sie akzeptieren, dass sich das Umfeld für Fixed Income-Investoren unwiderruflich in Richtung deutlich niedrigere Renditen entwickelt hat, dann sollten Sie radikal umdenken, um dem Rechnung zu tragen. Das Entfernen des „Alternative“- Labels von Absolute Return Fixed Income ist vielleicht ein guter Anfang.