Sunil Krishnan argumentiert, dass sich die geringen Erwartungen der inländischen und globalen Anleger in den Bewertungen japanischer Aktien widerspiegeln, was für die Anlageklasse eine Gelegenheit schafft, mit dem Rest der Welt gleichzuziehen.
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Zwei zentrale Themen haben die Aktienmärkte in der Erholungsphase nach der Finanzkrise dominiert, insbesondere in den letzten fünf Jahren. Zum einen die Dominanz der US-Aktien gegenüber den anderen Märkten, zum anderen die anhaltende Schwäche des Faktors „Wert“ an den Aktienmärkten. Dies war zu einem großen Teil durch ein stärkeres Ertragsprofil der Unternehmen auf der Gewinnerseite begründet – seien es US-Firmen, Wachstumsunternehmen oder eine Überschneidung der beiden, etwa im Technologiebereich.
Interessanterweise hat in den letzten Monaten eine Neubewertung dieser Themen stattgefunden. Die relative Performance der Märkte außerhalb der USA hat sich gegenüber den USA etwas stabilisiert, und die globalen Indizes der Substanzwerte haben sich im Einklang mit den Indizes der Wachstumswerte entwickelt. Der Faktor ist seit einigen Jahren äußerst unbeliebt, was einer der Gründe dafür ist, dass wir US-Finanztitel attraktiv finden.
Der japanische Aktienmarkt weist einige starke Werthaltigkeitseigenschaften auf
Ein weiteres gutes Beispiel ist der japanische Aktienmarkt. Er hat starke Gewichtungen in Sektoren wie der Industrie und die Technologie ist eher auf Hardware als auf Software ausgerichtet, weshalb die Unternehmen eine hohe operative Hebelung aufweisen. Dementsprechend sind ihre Gewinne volatiler, da sie hohe Fixkosten haben, so dass bereits geringfügige Veränderungen beim Umsatz zu erheblichen Veränderungen beim Ergebnis führen. Das schleppende globale Wachstum in den letzten Jahren war daher im Vergleich zu anderen Märkten für die Gewinne japanischer Unternehmen nicht besonders vorteilhaft. In einem von schwachem Wachstum geprägten Umfeld können sie keine Outperformance erzielen.
Abbildung 1: 12-Monats-Gewinnprognose ggü. anderen Märkten

Geringe Erwartungen sollten Wert freisetzen
Wir sind jedoch an einem Punkt angelangt, an dem der Wertfaktor möglicherweise rehabilitiert wird. Eine lange Schwächephase in der globalen Produktion und im Handel - einschließlich einer weltweiten Rezession im verarbeitenden Gewerbe über weite Strecken dieses Jahres - hat die Stimmung gegenüber den produktionslastigen Volkswirtschaften erheblich belastet. In Bezug auf die Unternehmen hat dies in den letzten 12 Monaten zu deutlichen Herabstufungen der Gewinnerwartungen geführt. Dies war nachteilig für Japan, aber das Maß an Pessimismus und die damit verbundenen Bewertungsabschläge sind so hoch, dass daraus Chancen erwachsen sind.
So wird beispielsweise für den globalen Aktienmarkt erwartet, dass die Unternehmensgewinne bis Ende 2020 mehr als zehn Prozent höher sein werden als Ende 2018. Im Gegensatz dazu ist die Erwartung in Bezug auf japanische Unternehmen, dass sich die Gewinne im gleichen Zeitraum kaum verändern werden.
Gewinne in Japan ggü. der Welt (Gewinnniveau)
Abbildung 2: MSCI AC World (Gewinnniveau)

Abbildung 3: MSCI Japan (Gewinnniveau)

Dies ist eine sehr niedrige Basis, was das Potenzial für japanische Unternehmen erhöht, den Markt positiv zu überraschen. Entscheidend ist, dass dieses Potenzial zur positiven Überraschung unserer Meinung nach keiner starken Erholung der globalen Aktivität oder des verarbeitenden Gewerbes bedarf; eine Stabilisierung würde bereits genügen. Um diesen Wert freizusetzen, ist kein Aufschwung der Weltwirtschaft erforderlich.
Hinzu kommt, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis in Bezug auf die Bewertungen 13 Prozent günstiger ist als andernorts am globalen Aktienmarkt, was eine Sicherheitsmarge schafft.1 Während Japan bei einer globalen Konjunkturerholung am besten abschneiden wird, bieten diese Bewertungen einen gewissen Schutz, wenn das Wachstum weniger stark ist.
Bedenken hinsichtlich der Mehrwertsteuer
Anleger haben sich besorgt über die Auswirkungen der Anfang Oktober in Kraft getretenen Mehrwertsteuererhöhung in Japan geäußert. Als Japan zuletzt - im Jahr 2014 - die Mehrwertsteuer erhöhte, führte dies zu einer tiefen Rezession. Nun haben starke BIP-Zahlen für das dritte Quartal die Befürchtung verstärkt, dass Ausgaben vorgezogen wurden, um der Erhöhung zu entgehen, was zu einem stärkeren Rückgang im vierten Quartal und darüber hinaus führen könnte.
Der entscheidende Unterschied gegenüber 2014 besteht darin, dass die Regierung von Shinzo Abe aus den Erfahrungen gelernt und ein umfangreiches Konjunkturpaket vorbereitet hat, das Anfang 2020 in Kraft treten und über die Olympischen Sommerspiele hinaus fortgesetzt werden sollte. Wir erwarten, dass dieses Konjunkturpaket einen Schub von mehr als einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts auslösen wird - was für eine große, träge Volkswirtschaft eine bedeutsame Größe darstellt.