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China auf grüner Mission

Chinas aktuelle Bemühungen um mehr Umweltschutz mögen eine willkommene Abwechslung zu den Klimawandel-Leugnungen von Trump sein. Doch besteht eine Diskrepanz zwischen der staatlichen Rhetorik und den Praktiken der chinesischen Unternehmen?

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Vor dem Hintergrund des Ausstiegs der USA aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 und Donald Trumps Versprechen, die Kohleindustrie wieder zu stärken1, entwickelt sich ausgerechnet China zu einem unerwarteten Verfechter für die Umwelt. Chinas Kritiker würden jedoch sagen, dass es für das Land längst höchste Zeit ist, eine aktivere Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels zu übernehmen. Immerhin ist China für etwa 30 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich und somit der weltweit größte Klimasünder.

Man könnte sagen, dass Chinas Motive sowohl im eigenen als auch im weltweiten Interesse liegen. Erstens ist die schlechte Luftqualität möglicherweise für etwa eine Million vorzeitige Todesfälle pro Jahr verantwortlich2, was einem Viertel aller vorzeitigen Todesfälle weltweit entspricht. Die umweltbedingten Gesundheitsrisiken in China zu mindern, ist daher eine politische Notwendigkeit. Zweitens zählt die Energiesicherheit zu den obersten Prioritäten der chinesischen Regierung und die Förderung erneuerbarer Energien wird zur Diversifizierung der vorhandenen Energiequellen beitragen. Drittens investiert China massiv in den Wandel von einer „veralteten“ exportorientierten Wirtschaft, die sich auf billige Fertigung stützt, hin zu einem Wirtschaftsmodell mit höheren Löhnen, das durch Innovation und Technologie in Sektoren wie erneuerbare Energien, Elektroautos und Batterien angetrieben wird.

So überrascht es nicht, dass sich das ökologische Standing der chinesischen Unternehmen seit 2015 stärker verbessert hat als ihre Gesamtbewertung in Sachen Soziales und Unternehmensführung. (Siehe Diagramm unten). In einer Zeit, in der die auf dem chinesischen Festland notierten Aktien einen immer größeren Anteil an den wichtigsten Aktienbenchmarks ausmachen, ist dies eine gute Nachricht. Doch wie nachhaltig sind diese positiven Entwicklungen für Investoren, die von einem grüneren China profitieren möchten? Im dritten Teil unserer Q&A-Serie über ESG in Schwellenländern erläutert Will Ballard, Head of Emerging Markets Small Cap Equities, welche Auswirkungen das chinesische Umweltengagement für die Investoren hat.

Mit welchen wichtigen Umweltfragen beschäftigt sich die chinesische Regierung derzeit?

Die Regierung hat viel getan, um Umweltthemen weiter oben auf die Tagesordnung zu setzen. Als dringendste Probleme werden dabei die Luftqualität und die Wasserverschmutzung angesehen. China plant Investitionen in Höhe von 360 Mrd. USD in erneuerbare Energien und hat zugesagt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergiemix bis 2020 auf 15 Prozent zu erhöhen. Gleichzeitig will das Land im selben Zeitraum die Anzahl neuer Kohlekraftwerke verringern und den mit Kohle bestrittenen Energieverbrauch einschränken.3

Auf lokaler und regionaler Ebene werden konkrete Ziele zur Verringerung der Umweltverschmutzung durchgesetzt. Besonders umweltschädliche Fabrikanlagen müssen mit der Schließung, härteren Strafen und strengeren Kreditbedingungen rechnen. Um das Verbraucherverhalten zu ändern, wurden beispielsweise Subventionen für Elektroautos gewährt, da Fahrzeugabgase eine der Hauptursachen für die Umweltverschmutzung in China darstellen. Um die aus der Entsorgung von recycelten Materialien resultierende Verschmutzung zu verringern, kündigte China kurzerhand eine drastische Reduzierung der Abfallmenge an, die das Land von anderen Regionen einschließlich Europa entgegennimmt.

Werden diese Initiativen schnell genug implementiert, um die Risiken des Klimawandels zu mindern?

Ich würde sagen, dass die Umsetzung schneller erfolgt als erwartet. Deshalb war es auch so überraschend, dass sich diese Initiativen so stark auf die globalen Märkte ausgewirkt haben. Es wird immer deutlicher, dass die Regierung den Fortschritt sehr effektiv vorantreiben kann, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat – in diesem Fall den Umweltschutz.

Warum ist das für Investoren wichtig?

China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und der größte Verursacher von Treibhausgasemissionen. Deshalb erfordern alle Bemühungen zur Bekämpfung des globalen Klimawandels eine erhebliche Veränderung der Umweltpraktiken chinesischer Unternehmen. Aktien von Unternehmen, die auf dem chinesischen Festland notiert sind, werden einen größeren Bestandteil der globalen Portfolios der Investoren ausmachen. 2018 wurden chinesische A-Aktien erstmals in die wichtigsten MSCI-Schwellenmarktindizes aufgenommen und werden ab Juni auch in den wichtigsten Schwellenmarktindizes von FTSE Russell vertreten sein.

Die Umweltreformen der chinesischen Regierung sind zweifellos die Grundvoraussetzung dafür, dass China seine Ziele im Rahmen des Pariser Klimaabkommens4 erreichen kann. Für Investoren bieten die Reformen darüber hinaus Investitionsmöglichkeiten.

Inwiefern können Investoren von der veränderten chinesischen Politik profitieren?

Ein guter Ausgangspunkt sind Elektroautos. Wir sind an einem der größten chinesischen Hersteller von Elektrofahrzeugen beteiligt. Es handelt sich jedoch um einen stark umkämpften Wirtschaftszweig, weshalb Investoren vorsichtig sein müssen. Das politische Risiko ist hoch und angesichts des enormen Umfangs der verfügbaren Anreize könnte es zu einigen Verzerrungen bei Produktion und Nachfrage kommen.

Wichtig ist daher, auf etwas Abstand zu gehen und die ESG-Standards der einzelnen Unternehmen an sich zu beurteilen. Nur weil ein Unternehmen Elektrofahrzeuge herstellt, bedeutet das nicht unbedingt, dass es sich aus ESG-Perspektive um eine gute Investition handelt.

Was ist mit anderen Sektoren, wie beispielsweise Stahl?

Nördlich von Peking gibt es viele Stahlproduzenten. Die Bemühungen der Regierung, die Luftverschmutzung einzudämmen, haben sich stark auf die Kapazitäten und Eisenerzpreise ausgewirkt. Beim Kauf von Eisenerz stehen verschiedene Reinheitsgrade zur Auswahl – je geringer der Schwefelanteil, desto reiner das Eisenerz, was zu einer geringeren Umweltverschmutzung während der Verhüttung führt.

Zwischen Eisenerz mit höherem und niedrigerem Reinheitsgrad ist ein klarer Preisunterschied erkennbar. Diese Kluft hat sich als direktes Resultat der Umweltpolitik drastisch vergrößert. Ende 2018 lag der Kassakurs für Eisenerz mit 62-prozentigem Eisengehalt 39 Prozent über dem Kassakurs von Eisenzerz mit 58-prozentigem Eisengehalt. (Siehe Diagramm unten).

Wie wirken sich Chinas Umweltschutzinitiativen global aus?

Die Auswirkungen sind nicht immer positiv. Eine der größten politischen Veränderungen erfolgte im Dezember 2017, als China unvermittelt eine große Menge an recycelten Abfällen ablehnte, die von anderen Ländern zur Entsorgung dorthin verschifft wurden.

Bis zu diesem Zeitpunkt transportierten Containerschiffe Produkte aus China in die USA und nach Europa und wurden für die Rückreise mit recyceltem Abfall beladen. China stand im Mittelpunkt des globalen Recyclings, doch durch diesen spezifischen politischen Richtungswechsel kam das System komplett zum Erliegen. Aufgrund der deutlich strengeren Auflagen für ausländischen Abfall häuften sich Millionen Tonnen an recyceltem Kunststoff und Papierabfall an, die nirgendwo entsorgt werden konnten.

Haben sich diese Beschränkungen für ausländische Abfälle auf chinesische und internationale Unternehmen in diesem Sektor ausgewirkt?

Weltweit gab es einen deutlichen Dominoeffekt. Die Margen für die Verarbeitung von recycelbaren Abfällen sind erheblich gestiegen und es wird weltweit in die Umstellung von Recyclingunternehmen investiert. Diese Unternehmen stellen mehr Personal ein und werten ihre Ausrüstung, Prozesse und Technologien auf. Immer mehr Recyclingabfälle werden nun in andere Länder verschifft, vor allem in asiatische Länder wie Indonesien. Derzeit prüfen wir eine potenzielle Investition in eine Papierverarbeitungsfabrik in Indonesien, da das Land eine große Menge des recycelten Materials erhält, das ursprünglich nach China transportiert wurde.

China konzentriert sich nun also auf das „E“ wie „Environment“. Was ist denn mit dem „S“ (Social) und dem „G“ (Governance) der ESG-Kriterien?

Wir trennen die einzelnen Kriterien nicht ganz so explizit. Auf der Unternehmensebene möchten wir herausfinden, wie gut sich das Unternehmen verglichen zu anderen Unternehmen an die Veränderungen in der Branche insgesamt anpasst. Dies hilft uns zu analysieren, wie nachhaltig seine Rendite ist. Und die ESG-Kriterien spielen dabei immer eine Rolle.

Wenn Länder wie China reicher werden, steigt ihr Lebensstandard und der wirtschaftliche Nutzen einer saubereren Umwelt nimmt zu. Hat ein Unternehmen verglichen zu seinen Mitbewerbern einen sehr viel größeren negativen Einfluss auf seine Umwelt, muss es sich stärker anstrengen, um mit den Markt- und regulatorischen Trends mitzuhalten. Unter diesen Umständen steigen die operativen Kosten im Laufe der Zeit. Diesen Faktor müssen wir bei der Unternehmensbewertung berücksichtigen.

References:

  1. Donald Trump kündigte 2017 an, seine Regierung werde „den Krieg gegen die Kohle beenden“.  https://www.whitehouse.gov/briefings-statements/remarks-president-trump-signing-executive-order-create-energy-independence/
  2. „State of Global Air/2018“, Projekt „Global Burden of Disease“ des Health Effects Institute, Institute for Health Metrics and Evaluation. Die Schätzungen basieren auf Daten aus dem Jahr 2016. https://www.stateofglobalair.org/sites/default/files/soga-2018-report.pdf
  3. Chinas National Energy Administration verkündete am 5. Januar 2017 ihren Fünfjahresplan für die Energieentwicklung: http://www.nea.gov.cn/2017-01/05/c_135956835.htm.
  4. Das Pariser Klimaabkommen von 2015 zielt darauf ab, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu beschränken. https://unfccc.int/process-and-meetings/the-paris-agreement/what-is-the-paris-agreement

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