In unserer neuesten eingehenden Analyse zu den Private Markets untersucht unser Researchteam mittels Datenanalyse, wie sich Veränderungen im Wirtschaftsumfeld auf die Renditen bei Private Debt auswirken.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit folgenden Themen:
- Die Auswirkungen des aktuellen Makroumfelds auf die Illiquiditätsprämien der Anlageklassen des Private Debt
- Treiber von Transaktionsaktivität und Nachfrage am Debt-Markt in den letzten 12 Monaten
- Potenzial in den verschiedenen Segmenten des Private-Debt-Marktes
Bei Unternehmensanleihen ging es parallel zum Aktienmarkt kräftig aufwärts, seit Präsident Trump bei einigen am „Liberation Day“ angedrohten Zollerhöhungen wieder zurückgerudert ist, die für große Unsicherheit gesorgt hatten. Wir gehen darauf in unserem neuesten House View für Q3 2025 ausführlicher ein.1
Die Private-Debt-Märkten haben sich in dieser volatilen Phase kurz etwas abgekühlt. Mit der Beruhigung der Märkte zog das Geschäft jedoch wieder an. Die Illiquiditätsprämien sind nach wie vor augenfällig und lagen im 2. Quartal 2025 über dem langfristigen Durchschnitt.
In diesem neuesten Beitrag aus unserer Serie zu den Illiquiditätsprämien beschäftigen wir uns eingehender mit den Themen, die für die Preisbildung im Bereich Private Debt und Opportunitäten an den Märkten eine zentrale Rolle spielen.
Illiquiditätsprämien als Grundlage für die Relative-Value-Analyse
An den Private-Debt-Märkten sind Illiquiditätsprämien ein zentraler Faktor in der Relative-Value-Analyse zwischen verschiedenen Segmenten dieses Marktes sowie im Vergleich zu den Public-Debt-Märkten, also den Anleihemärkten. Für Anleger, die einen langen Atem haben und langfristig Kapital bereitstellen können, stellen diese Prämien das Potenzial an zusätzlicher Rendite dar, die sie mit Private-Debt-Investments erwirtschaften können. Multi-Sector- oder opportunistischen Anlegern bietet sich damit die Möglichkeit, von Relative-Value-Chancen zwischen Private-Debt-Segmenten sowie von Preisverzerrungen gegenüber den Public-Debt-Märkten zu profitieren.
Unser Datenpool und unsere Methode zur Berechnung von Illiquiditätsprämien
Unser Datenpool umfasst mehr als 2.000 Private-Debt-Transaktionen über einen Zeitraum von 27 Jahren. Darin sind ausschließlich Investment-Grade-Deals in Pfund Sterling und Euro enthalten. Der Großteil des Datenpools entfällt auf interne Transaktionen, aber auch externe Transaktionen, für die uns Preisdaten vorliegen, sind darin enthalten.
Die damit berechneten Illiquiditätsprämien bilden den Spread zum relevantesten Public-Debt-Referenzindex (ICE BofAML Index-Daten) zum Zeitpunkt der Transaktion ab und sind in Abbildung 1 als Punkte dargestellt. Die Illiquiditätsprämie entspricht einem zusätzlichen (nicht immer positiven) Renditeabstand im Vergleich zu Public-Debt-Märkten als Ausgleich für höhere Illiquidität und/oder eine komplexere Risikosituation. In Abbildung 1 ist auch die durchschnittliche Illiquiditätsprämie für das konkrete Kalenderjahr bei Gleichgewichtung der zugrunde liegenden Transaktionsdaten dargestellt.
Dazu vor allem der Risikohinweis, dass die berechneten Illiquiditätsprämien für Ratingbänder (und nicht einzelne Ratingstufen) bestimmt werden und Diskrepanzen bei Duration/Laufzeit zu den relevanten Public-Debt-Referenzindizes unberücksichtigt bleiben. Die gezeigten Illiquiditätsprämien sind daher rein indikativ.
Wie an Abbildung 1 deutlich wird, haben sich die durchschnittlichen Illiquiditätsprämien in allen Segmenten des Private-Debt-Marktes seit 2022 verbessert. Ausschlaggebend für diese Entwicklung war eine Spread-Kontraktion an den öffentlichen Märkten (um ca. 120 Basispunkte seit Mitte 2022), während die Spreads im Private-Debt-Segment weniger stark nachgaben.2 Die Spread-Verengung war Spiegelbild des Optimismus im Hinblick auf das Szenario einer „weichen Landung“, mit wieder dem Inflationsziel entsprechenden Preissteigerungsraten und Zinssenkungen der Bank of England, der Europäischen Zentralbank und der US Federal Reserve.
Abbildung 1: Illiquidity premia for investment grade private debt to Q2 2025 (basis points)
Past performance is not a reliable indicator of future returns. For illustrative purposes only. The value of an investment can go down as well as up and there is no guarantee that the forecasted return will be achieved.
Note: The illiquidity premia are calculated based on Aviva Investors’ proprietary deal information. There are various methodologies that can be employed to calculate the illiquidity premium. Please note that the illiquidity premia shown are measured against broad relevant public debt reference data, are rating band (not notch) matched and are not duration/maturity matched.
Source: Aviva Investors, ICE BofAML sterling and euro investment grade corporate indices. Data as of July 1, 2025.
Nach dem „Liberation Day“ am 2. April haben sich die Spreads an den öffentlichen Märkten stark ausgeweitet. Seit Präsident Trump sich an manchen Fronten gesprächsbereit gezeigt hat, hat sich die Lage hier jedoch wieder entspannt (siehe Abbildung 2). Die Private-Debt-Märkte haben sich in dieser Phase kurz etwas abgekühlt, mit Chancen bei Sekundärmarkttransaktionen, insbesondere unterhalb des IG-Segments. Die Spreads von Collateralised Loan Obligations (CLOs) mit BB-Rating kletterten dabei bis auf Werte im mittleren 700er-Bereich, während sie eine Woche zuvor noch bei gut 500 Basispunkten gelegen hatten.
Mit nachlassender Marktvolatilität zog das Geschäft an den Private-Debt-Märkten wieder an, und die Illiquiditätsprämien sind nach wie vor augenfällig (siehe Abbildung 1). Die Spreads an den Private-Debt-Märkten sind nach den Liberation Day-Zollankündigungen allerdings langsamer zurückgegangen als an den öffentlichen Märkten. Infolgedessen sind die Illiquiditätsprämien im 2. Quartal 2025 gestiegen und lagen über dem langfristigen Durchschnitt.
Abbildung 2: Public investment grade corporate credit spreads (basis points)
Source: Aviva Investors, ICE BofAML investment grade corporate index spreads over government. Data as of July 31, 2025.
An den Daten wird vor allem eines deutlich: Illiquiditätsprämien sind nicht statisch, sondern verändern sich über den Marktzyklus. Außerdem entwickeln sich die Illiquiditätsprämien in den verschiedenen Private-Debt-Segmenten nicht im Gleichlauf, was auf eine jeweils unterschiedliche Marktdynamik schließen lässt.
Spreadentwicklung am Private-Debt-Markt
Ein wichtiger Faktor dabei sind die „trägen“ Spreads in Private-Debt-Segmenten, die nur langsam auf die Entwicklung bei Anleihen reagieren.
- Im Bereich Real Estate Debt bewegen sich die Spreads in der Regel am langsamsten. Erfahrungsgemäß korrelieren die Illiquiditätsprämien in diesem Bereich daher mit dem Immobilienzyklus. Wenn die Immobilienbewertungen sinken, fallen auch die Illiquiditätsprämien, und bei wieder steigenden Bewertungen erholen sich die Prämien ebenso.
- Im Bereich Private Corporate Debt ist die Trägheit der Spreads am geringsten. In diesem Segment vollzieht sich die Anpassung an das Spreadniveau bei Anleihen am schnellsten. Langfristig dürften sich die Illiquiditätsprämien also tendenziell in einer engeren Spanne bewegen. So sind auch die höchsten Illiquiditätsprämien in Phasen höherer Marktvolatilität, insbesondere bei geringer Verfügbarkeit von Kapital aus traditionellen Finanzierungsquellen, zu beobachten.
- Im Bereich Infrastructure Debt sind die Spreads leicht träge und folgen den Public-Debt-Märkten nur allmählich.
Abbildung 3 zeichnet ein nuancierteres Bild von der Spread-Entwicklung. Für Anleger heißt dies, dass bei Private Debt ein Multi-Asset-Ansatz sinnvoll sein kann, können sie damit doch die aus den Bewertungsunterschieden zwischen den verschiedenen Segmenten resultierenden Anlagechancen nutzen.
Abbildung 3: Preisentwicklung in den Private-Debt-Segmenten
Past performance is not a reliable indicator of future returns.
Note: ILP = Illiquidity Premia.
Source: Aviva Investors, 2025.
Infrastructure Debt
Großbritannien Spitzenreiter
Im 2. Quartal 2025 ist das Transaktionsvolumen am Infrastructure-Debt-Markt auf 48 Mrd. GBP gestiegen. Spitzenreiter war Großbritannien, gefolgt von Spanien und Polen. Der Abschluss der Finanzierung der von Equinor und Polenergia entwickelten Offshore-Windparks Baltyk II und III hatte hier einen starken Effekt.
Auch in Großbritannien konnte die Finanzierung von 2,5 Mrd. GBP für Hynet, die zweite Anlage zur CO2-Speicherung und -Abscheidung (CCUS) unter Dach und Fach gebracht werden, und Spanien steuerte 2,3 Mrd. GBP aus 18 von europaweit insgesamt 48 Solarenergieanlagen bei.
Preistechnisch sind vor dem Hintergrund starker Nachfrage, vor allem von Bankenseite, anhaltend enge Spreads zu konstatieren. Bei begrenztem Angebot besteht weiterhin ein Nachfrageüberhang. In Großbritannien wurde die National Infrastructure Strategy mit der Planung für die nächsten zehn Jahre veröffentlicht. Darin wurde nochmals bekräftigt, dass die Regierung im Infrastrukturbereich, insbesondere in der Energieerzeugung und -versorgung sowie bei der digitalen Infrastruktur stark auf privates Kapital setzt. Davon abgesehen gab es wenig neue Informationen.
Real Estate Debt
Steigende Tendenz bei Transaktionen und Stimmung; sinkende Margen
Große Liquidität am Debt-Markt sorgt für weiter sinkende Margen im Kreditgeschäft
Im 2. Quartal 2025 musste der britischen Real-Estate-Debt-Markt zwei Überraschungen verdauen: die aus den Zollankündigungen resultierenden Verwerfungen auf breiterer Front und die Tatsache, dass diese kaum Auswirkungen auf Preisbildung oder Transaktionsvolumina hatten. Trotz unerwartet schwacher Transaktionsvolumina in diesem Marktsegment waren in allen Sektoren immer wieder Deals zu verzeichnen. Ein Positivfaktor war dabei die große Liquidität am Debt-Markt, die für weiter sinkende Margen im Kreditgeschäft sorgt.
Besonders groß ist das Engagement der Kreditgeber bei Wohnimmobilien, doch auch das Interesse in den Bereichen Büro- und Einzelhandelsimmobilien wächst. Am stärksten ist der Preiswettbewerb unter britischen Clearing-Banken und Debt-Fonds, die mit Back Leverage für ganze Kredite arbeiten. In der gewerblichen Immobilienfinanzierung sind damit die Preise erstmals seit der globalen Finanzkrise unter das Preisniveau auf dem europäischen Markt gesunken.
Private Corporate Debt
Viele Emittenten setzen bevorzugt auf kurze Durationen und Strukturen mit variabler Verzinsung
Die Emissionstätigkeit am britischen Markt für IG-Unternehmensanleihen ist angesichts hoher Zinsen nach wie vor verhalten. Viele Emittenten setzen bevorzugt auf kurze Durationen und Strukturen mit variabler Verzinsung. Ein anhaltendes Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage (infolge des begrenzten Emissionsvolumens und starker Nachfrage von Versicherern nach Titeln mit langer Duration) hat die Spreads auf historische Tiefststände sinken lassen.
Kontinentaleuropa und die USA bieten attraktivere risikobereinigte Renditen.
Kontinentaleuropa und die USA bieten attraktivere risikobereinigte Renditen. Europäische Märkte sind aufgrund kürzerer Durationen und eingeschränkter Kreditvergabe durch die Banken im längerfristigen Segmente im Zuge des Quantitative Tightening besonders interessant.
In den Marktsegmenten unterhalb des Investment-Grade-Bereichs haben verhaltenes M&A-Geschäft und hohe Zinsen zu sinkenden Volumina und stärkerem Wettbewerb geführt, insbesondere in der Unitranche-Finanzierung.
Bessere Perspektiven sehen wir bei vorrangigen besicherten Krediten mit einem geringeren Fremdkapitalanteil. Besonders attraktive Chancen bietet das Nicht-IG-Universum in Großbritannien, da es dort im Gegensatz zu Europa und den USA keinen tiefen CLO-Markt gibt.
Strukturierte Finanzierungen
Mit Parallelen zu Immobilien- und Infrastrukturkrediten bietet ABL Resilienz und ein attraktives Risiko-Rendite-Profil
Asset-Backed-Lending (ABL) entwickelt sich zu einer eigenen Teilstrategie im Bereich Private Debt. Mit einem breiten Spektrum an Sicherheiten und Cash-Flow-basierten Strukturen weist diese Finanzierungsform Parallelen zu Immobilien- und Infrastrukturkrediten auf und bietet damit Resilienz und ein attraktives Risiko-Rendite-Profil.
Es fließt zunehmend Private-Credit-Kapital in Schwellenländer. Institutionen der Entwicklungsfinanzierung arbeiten zunehmend auch mit Blended Finance, um privates Kapital für Schlüsselsektoren zu aktivieren.
Mit abflauender M&A-Konjunktur entwickelt sich Femdkapitaleinsatz im Rahmen von Fondsstrukturen zu einer Option für das Liquiditätsmanagement. Das Interesse bei Fondsfinanzierungsstrukturen, die Solvency II- und Matching Adjustment-Anforderungen erfüllen müssen, steigt. Zielgruppe ist also langfristiges Versicherungskapital.