In diesem Beitrag stellt Viktor Dietrich, Research Director für Infrastruktur, Venture Capital und Naturkapital die Argumente für europäische Infrastructure-Equity-Anlagen auf den Prüfstand. Er erläutert auch, warum Anleger vor allem kleine bis mittlere Unternehmen auf dem Radar haben sollten.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit folgenden Themen:
- Warum sich der Ausblick für Infrastructure Equity allmählich aufhellt
- Die positiven Signale von börsennotierten Infrastrukturwerten
- Warum kleine bis mittlere Unternehmen am attraktivsten scheinen
Nach einer schwierigen Phase seit 2023 hellt sich der Ausblick für Infrastructure Equity nun deutlich auf. Drei zentrale renditebestimmende Faktoren haben sich für die Anlageklasse positiv entwickelt, und es herrscht kein Mangel an Kapital, für das Investitionsmöglichkeiten gesucht werden. Wir beleuchten einige dieser Trends näher und erläutern, warum kleine bis mittlere Investments aus unserer Sicht am attraktivsten sind.
Am meisten Anlass zu Optimismus geben wohl die Anzeichen für eine Stabilisierung der realen Renditen in Europa, gemessen an den um die jährliche Inflationsrate bereinigten Renditen 10-jähriger Staatsanleihen. Da die Europäische Zentralbank (EZB) wie andere Zentralbanken die Inflationsrisiken, die von der Störung der globalen Lieferketten und dem sprunghaften Anstieg der Energiepreise nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine ausgingen, zunächst unterschätzt hatte, reagierte sie erst spät und zog die Zinszügel dann in den Jahren 2022 und 2023 kräftig an.
Die realen Renditen drehten damit wieder ins Plus, nachdem sie sich seit der globalen Finanzkrise über weite Strecken im negativen Bereich bewegt hatten. Dies hatte wiederum einen negativen Effekt auf die Renditen von Infrastrukturwerten.
Obwohl der Inflationsanstieg vielfach für stärkeres Umsatzwachstum sorgte, da die Umsätze bei den meisten Infrastrukturunternehmen aufgrund von Preisklauseln in Verträgen mit der Inflation steigen, wurde dieser Effekt durch die negativen Auswirkungen steigender Diskontierungszinssätze zunichte gemacht.
Hohe reale Renditen
Bei nach wie vor positiven realen Renditen scheint der Ausblick relativ stabil. Auch wenn die EZB in ihrem Zinssenkungszyklus nun vielleicht eine Pause einlegt, um abzuwarten, bis sie Gewissheit hat, dass die Inflationsgefahr tatsächlich gebannt ist, haben die realen Renditen aus unserer Sicht bei 1,5 Prozent oder etwas darüber ihren Höchststand erreicht.
Dies lässt auf ein aktuell asymmetrisches Renditeprofil bei dieser Anlageklasse schließen. Anleger sind stark gegen Abwärtsrisiken abgesichert und profitieren gleichzeitig von beträchtlichem Aufwärtspotenzial, sollten die realen Renditen wieder auf Null fallen oder negativ werden.
Die Abschläge auf den NAV von an der Londoner Börse notierten Infrastrukturfonds sinken
Das zweite positive Signal geht von an der Londoner Börse notierten Infrastructure-Equity-Fonds aus, die mehrheitlich in europäische Infrastrukturanlagen investiert sind. Das Vermögen dieser Fonds wird halbjährlich bewertet, und die dabei zugrunde gelegten Diskontierungszinssätze sind seit 2022 stetig gestiegen. Im Durchschnitt haben diese den höchsten Stand seit fünf Jahren erreicht.
Obwohl dies weitgehend Spiegelbild des Renditeanstiegs bei Staatsanleihen in diesem Zeitraum ist, sollte dabei nicht übersehen werden, dass die Abschläge auf den Nettoinventarwert bei diesen Fonds in den vergangenen zwei Jahren gesunken sind. Dies ist ein weiteres Signal dafür, dass sich bei Anlegern allmählich der Eindruck verfestigt, dass die bei der Abzinsung des Fondsvermögens zugrunde gelegten Zinssätze potenziell zu hoch angesetzt sind.
Signal des Vertrauens
Dieses von den öffentlichen Märkten ausgehende positive Signal dürfte sich schließlich in höherer Nachfrage nach nicht börsennotierten Werten niederschlagen.
Der dritte Positivfaktor für Infrastrukturanlagen ist thematischer Natur. Im Vordergrund steht dabei die Dekarbonisierung der Volkswirtschaften.
Thematische Faktoren spielen beim Climate Transition Euro Infrastructure-Ansatz von Aviva Investors eine zentrale Rolle
Europaweit halten die Regierungen an einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen fest. Angesichts knapper Kassen in den meisten Ländern nach der Pandemie setzen die Regierungen dort stark auf privates Kapital. Investitionen in die verschiedenen Infrastrukturanlagen, ohne die sie ihre Klimaziele nicht erreichen können, werden daher weiterhin subventioniert.
Mit diesen Subventionen soll Kapital für neue Infrastrukturprojekte mobilisiert werden, zum Beispiel in den Bereichen Wasserstoffproduktion und Batteriespeicher. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass sich die Regierungen zur Erreichung ihrer Emissionsziele allmählich von fossilen Energieträgern wie Kohle und schließlich auch Gas verabschieden müssen.
Thematische Faktoren spielen beim Climate Transition Euro Infrastructure-Ansatz von Aviva Investors eine zentrale Rolle als Fixpunkte für Investitionen in den Themenfeldern Energiewende, nachhaltiger Verkehr sowie digitale und soziale Infrastruktur.
Strombedarf steigt weiter
Parallel dazu sehen wir einen weiteren Anstieg der Stromnachfrage von Datenzentren und anderen Verbrauchern von Rechenleistung, ein weiterer wirkmächtiger Trend. Dies deutet auf anhaltende, langfristige Nachfrage nach Strom hin, von der bestehende Anlagen zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen eindeutig profitieren würden.
Das Infrastruktursegment bietet ein breites Spektrum von Anlagechancen
Das Infrastruktursegment bietet ein breites Spektrum von Anlagechancen. Langfristige Abnahmeverträge, die vielfach auch inflationsgesichert sind, verbürgen relative stabile Renditen. Daher kann diese Anlageklasse zur Absicherung eines klassischen Anleihe-/Aktienportfolios an verschiedenen kritischen Punkten im Konjunkturzyklus beitragen.
Auf Basis historischer Daten für den 10-Jahres-Zeitraum bis Ende 2024 legt unsere Analyse nahe, dass die Anreicherung eines klassischen 60:40-Portfolios börsennotierter Aktien und Anleihen mit Private-Infrastructure-Anlagen es Anlegern ermöglicht hätte, ihr Risiko deutlich zu reduzieren, ohne größere Abstriche bei der Rendite machen zu müssen, wie an Abbildung 1 deutlich wird.
Abbildung 1: Infrastructure’s diversification potential (per cent)
Note: 10-year history to December 31, 2024. Infrastructure is based on de-smoothed volatility after Geltner AR1. Portfolio weightings illustrated as: MSCI World TR/Global Credit/(Infrastructure).
Source: Aviva Investors, Preqin, Bloomberg. Data as of September 30, 2025.
Die oberste Linie in Abbildung 1 veranschaulicht historische Anlageergebnisse bei Ergänzung eines Portfolios globaler Aktien und Unternehmensanleihen um Positionen in europäischer Infrastruktur.
Klein, aber fein
Wenngleich das Infrastructure-Equity-Segment in seiner Gesamtheit gut aufgestellt scheint, um von den oben ausgeführten Faktoren zu profitieren, favorisieren wir aus verschiedenen Gründen schon lange kleine bis mittlere Projekte. Zunächst einmal deutet vieles darauf hin, dass Fondsmanager beim Erwerb einer Beteiligung an einem kleineren Infrastrukturprojekt gemessen am EBITDA-Multiplikator nicht so tief in die Tasche greifen müssen wie bei größeren Projekten.
Wie aus Abbildung 2 hervorgeht, war der Multiplikator bei Transaktionen mit einem Enterprise Value (EV) von weniger als 500. Mio. USD durchgängig niedriger.
Abbildung 2: European infrastructure, average EV/EBITDA and count, split by EV
Note: Data is 2014–August 2025 M&A transactions which have reached financial close and have reported EV/EBITDA.
Source: Aviva Investors, Infralogic. Data as of August 2025.
Das Sourcing im Marktsegment der kleinen bis mittleren Projekte erfolgt bei Aviva Investors in der Regel in Form von Beteiligungen an Unternehmen oder Plattformen in einer Größenordnung von 50-100 Mio. EUR (durch individuelle Strukturierung und bilaterales Sourcing). Solche Projekte sind angesichts der Komplexität der Transaktionsabwicklung zu klein für viele Large-Cap-Fonds. Damit haben die Fonds, die diese nicht von vornherein ausschließen, eine breite Auswahl an attraktiven Anlagechancen.
Kleine bis mittlere Unternehmen sind oft innovativer und wachstumsstärker
Diese kleinen bis mittleren Unternehmen bieten Anlegern noch andere Vorteile. So sind sie oft innovativer und wachstumsstärker. Diese Unternehmen sind auch tendenziell flexibler und tun sich leichter damit, ihre Geschäftsmodell an die neuesten Trends am Markt anzupassen.
Bei dem letzten Investment im Segment der kleinen bis mittleren Unternehmen im Rahmen der Climate Transition Euro Infrastructure-Strategie handelt es sich um eine bilaterale Transaktion mit einer anfänglichen Kapitalzusage von 75 Mio. EUR an Terra One, ein in der Entwicklung und im Betrieb von Batteriespeichersystemen tätiges, vertikal integriertes deutsches Unternehmen.
Erschließung zusätzlichen Wertpotenzials
Fondsmanager können potenziell noch weiteres Wertpotenzial erschließen, wenn es ihnen gelingt, in enger Zusammenarbeit mit dem Management darauf hinzuwirken, dass ein Unternehmen seine operativen Effizienz steigert, organisch wächst, über Zukäufe expandiert und seine ESG-Bilanz verbessert.
Wir sind sind in aller Regel in den Geschäftsleistungsorganen vertreten, was pragmatisches Asset Management und die effektive Umsetzung
Auch von kleineren Projekten gehen oft spürbare soziale Positiveffekt aus, durch die Unterstützung lokaler Unternehmen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Aufwertung der kommunalen Infrastruktur, was Vertrauen und Engagement der Bevölkerung stärkt. Unser integriertes Infrastructure-Equity-Investment- und Asset-Management-Team bringt sich als Partner aktiv bei Portfoliounternehmen ein, um diese auf ihrem Weg zu nachhaltigem Wachstum, Profitabilität und operativer Reife zu begleiten. Wir sind in aller Regel in den Geschäftsleitungsorganen vertreten, was pragmatisches Asset Management und die effektive Umsetzung des strategischen Geschäftsplans sicherstellt.
Im Zuge ihrer Wachstumsentwicklung werden unsere Portfoliounternehmen dann für einen größeren Kreis von Investoren attraktiv, die an größeren Transaktionsvolumina und Investments interessiert sind. Dies kann zu einer Neubewertung und damit zu höheren Bewertungen führen, da größere Unternehmen tendenziell mit höheren Gewinnmultiplikatoren gehandelt werden.
Preqin zufolge haben kleinere Fonds in den vergangenen zwanzig Jahren eine höhere Internal Rate of Return (IRR) erzielt als ihre größeren Pendants, wie an Abbildung 3 deutlich wird.
Abbildung 3: European infrastructure, average IRR and aggregate fund AUM, by fund size
Note: Data is based off reported IRRs (Small Cap: 59, Mid Cap: 43, Large Cap: 30 and Mega Cap: 6) of Infrastructure Core, Core Plus, Opportunistic and Value Added closed funds from 2005–August 2025. Preqin defines AuM as the sum of dry powder and unrealised value, with aggregate AuM the sum of all funds' AuM, with a fund vintage from 2005–present.
Source: Aviva Investors, Preqin. Data as of August 2025.
Unser Vertrauen in den Markt wird auch durch die neuesten Zahlen zur Finanzierungsaktivität gestützt. Auf Basis von Preqin-Daten hat in Europa das noch ungenutzte, sofort für Investitionen verfügbare Kapital (Dry Powder) 2023 mit 180 Mrd. USD einen neuen Höchststand erreicht, nach intensiven Finanzierungsaktivitäten in den beiden vorangegangenen Jahren (siehe Abbildung 4). Wenngleich diese Zahl inzwischen wieder gesunken ist, bewegt sie sich mit 148 Mrd. USD nach wie vor auf hohem Niveau.
Auch dieser Rückgang ist positiv zu werten, deutet er doch darauf hin, dass Fondsmanager attraktive Anlagemöglichkeiten für ihr Kapital finden. Wenn kontinuierlich Kapital investiert wird, sollte sich dies schließlich in höheren Gewinnmultiplikatoren niederschlagen, insbesondere in den Sektoren mit dem stärksten strukturellen Rückenwind.
Abbildung 4: European infrastructure dry powder, 2009-2024 ($bn)
Source: Aviva Investors, Preqin. Data as of August 2025.
Viele europäische Länder müssen im Hinblick auf den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft, die Modernisierung von Stromnetzen und den Ausbau digitaler Netze und Infrastruktur verstärkt in die Modernisierung von Bestandsinfrastruktur und den Infrastrukturausbau investieren. So prognostiziert beispielsweise McKinsey für die nächsten zehn Jahre globale Infrastrukturinvestitionen von 3,7 Bio. USD pro Jahr.
Da viele Regierungen Infrastruktur einerseits als Hebel für mehr Wirtschaftswachstum sehen, gleichzeitig aber nur geringe Finanzierungsspielräume haben, werden sie aller Wahrscheinlichkeit weiterhin darauf setzen, das nötige Kapital für diese Investitionen im privaten Sektor zu mobilisieren.
Investoren wird sich aller voraussichtlich nach eine Fülle an Möglichkeiten bieten, insbesondere in Bereichen wie saubere und sichere Energieerzeugung, digitale Konnektivität und nachhaltige Urbanisierung. Da aktuell verschiedene Faktoren gleichzeitig für Rückenwind sorgen, bestehen starke Anreize, nun auch zu investieren.