Thema der Bond-Voyage-Ausgabe dieses Monats ist der Bulk Purchase Annuity (BPA)-Markt – ein kleines Rädchen im großen Marktgetriebe, das viel bewegt.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit folgenden Themen:
- Der Bulk Purchase Annuity (BPA)-Markt in Großbritannien und warum sich dieser so dynamisch entwickelt
- Neueste regulatorische Entwicklungen mit Auswirkungen auf diesen Markt
- Mehr Dynamik an den Kreditmärkten durch den BPA-Effekt
Der wachsende Bulk Purchase Annuity (BPA)-Markt steckt mitten in einem Transformationsprozess mit neuen Lenkungseffekten für Kreditmärkte und Kapitalflüsse.
Wie funktioniert der BPA-Markt?
Leistungsorientierte Pensionspläne machen Versorgungszusagen an Teilnehmer, die aus Arbeitgeberbeiträgen und Anlagerenditen finanziert werden. Diese Verbindlichkeiten verbleiben zusammen mit den entsprechenden Langlebigkeits- und Anlagerisiken in Bezug auf die Auszahlungen in der Bilanz des Arbeitgebers.
Durch BPA-Transaktionen können Pensionspläne diese Verbindlichkeiten teilweise oder ganz auf Versicherer übertragen, die gegen Zahlung einer aus dem Planvermögen finanzierten Gebühr die Verantwortung für die Erfüllung der Versorgungszusagen übernehmen. Dies bedeutet Gewissheit für die Teilnehmer bei gleichzeitiger Risikoreduzierung für die Arbeitgeber als Träger der Pensionspläne.
Warum entwickelt sich der BPA-Markt so dynamisch?
Mehrere strukturelle und zyklische Faktoren sorgen derzeit für neue Rekorde beim Transaktionsvolumen an diesem Markt:
- Besserer Finanzierungsstatus bei leistungsorientierten Pensionsplänen: Höhere Zinsen seit 2022 haben für einen steilen Aufwärtstrend beim Deckungsgrad gesorgt, hat sich dadurch doch der Barwert von Verbindlichkeiten reduziert.
- Attraktive Preise: Der höhere Wettbewerbsdruck durch den Markteintritt weiterer Versicherer hat zu knapper kalkulierten Preisen und mehr Auswahl für alle Altersvorsorgepläne geführt.
- Risikomanagement: Treuhänder sind zunehmend darum bemüht, Risiken in Zusammenhang mit Versorgungszusagen sowohl für die Unternehmen als Träger der Pensionspläne als auch für sich selbst auszulagern.
Der britische BPA-Markt hatte 2024 ein Volumen von 47 Mrd. GBP (siehe Abbildung 1). Das Marktgeschehen war nicht nur geprägt von milliardenschweren Mega-Deals. Auch bei kleineren Transaktionen war ein sprunghafter Anstieg zu beobachten. Mit diesen Transaktionen werden nicht nur Risiken aus Bilanzen ausgelagert, sondern auch Milliarden in produktive Investitionen gelenkt, beispielsweise in den Bereichen Infrastruktur und erneuerbare Energien, was den BPA-Markt zu einem Faktor mit wachsender Bedeutung für Finanzstabilität und Wirtschaftswachstum macht.
Abbildung 1: Transaction volumes have surged in the BPA market
Source: Aviva Investors, Lane Clark & Peacock LLP. Data as of May 2025.1
Der regulatorische Rahmen
Der BPA-Markt unterliegt der britischen Finanzaufsicht Prudential Regulation Authority und dem Solvency UK-Regelwerk (auf Basis der Solvency II-Verordnung der EU), das den Rahmen für Risikomanagement und Eigenkapitalsteuerung bei Versicherern vorgibt. Ein zentraler Mechanismus ist das Matching Adjustment (MA), das sich an der (risikobereinigten) erwarteten Rendite über den risikolosen Zins hinaus orientiert und es Versicherern ermöglicht, den bei der Berechnung langfristiger Verbindlichkeiten zugrunde gelegten Diskontierungszins anzupassen. Diese Regelung erfordert eine starke Kongruenz von erwarteten Mittelzuflüssen aus dem Anlageportfolio eines Versicherers und erwarteten Mittelabflüssen für die Erfüllung von Verbindlichkeiten.
Neue Entwicklungen in der Regulatorik zielen darauf ab, Versicherern größere Flexibilität zu geben
Neue Entwicklungen in der Regulatorik zielen darauf ab, Versicherern größere Flexibilität zu geben, bei gleichzeitiger Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer. Wesentliche Änderungen sind beispielsweise eine erhebliche Reduzierung des zusätzlichen Puffers, den Versicherer für Unsicherheiten bei ihren Verbindlichkeiten aufgrund einer Reformierung der Berechnung der Risikomarge vorhalten müssen, eine Erweiterung des Kreises an Anlagen, die für MA-Portfolios verwendet werden dürfen, und straffere Genehmigungsverfahren.
Diese aufsichtsrechtlichen Vorgaben erfordern bei Kapitalanlagen von Versicherern am Markt für Unternehmensanleihen Buy-and-Maintain-Strategien mit der richtigen Mischung aus attraktiven risikobereinigten Spreads und Resilienz.
Bei diesen Strategien stehen Diversifizierung, Steuerung des „Downgrade“-Risikos einschließlich Abwendung von Zahlungsausfällen sowie Liquiditätsplanung zur Vermeidung einer hohen Belastung der Solvabilität in Stressphasen im Vordergrund. Enge Spreads verknappen jedoch das Angebot an Anlagen mit den erforderlichen risikobereinigten Spreads, was für verstärkten Margendruck und höhere Nachfrage nach geeigneten Anlagen sorgt.
Auswirkungen auf die Kreditmärkte
BPA-Investments wirken sich in unterschiedlicher Weise auf die Kreditmärkte aus:
- Strategische Akzentverschiebungen bei Emittenten: Aufgrund der Präferenz von Versicherern für prognostizierbare Cashflows mit langer Duration begeben Emittenten Anleihen mit längeren Laufzeiten, festen Kupons und vereinfachten Covenant-Regelungen um den aufsichtsrechtlichen Anforderungen an BPA-fähige Anlagen Rechnung zu tragen. Aufgrund dieser erhöhten Nachfrage bietet sich für Emittenten zudem die Möglichkeit, ihre Finanzierungsoptionen zu sondieren. Dies kann verstärkte Emissionstätigkeit im Private-Credit-Segment bedeuten, die potenziell zulasten des Marktes für Konsortialkredite geht, mit einer entsprechenden Reduzierung des Angebots an börsennotierten Unternehmensanleihen.
- Wachsendes Interesse an Private-Market-Anlagen: Die Segmente Private Credit, Infrastructure Debt und Immobilien bieten Illiquiditätsprämien und mit dem Verbindlichkeitenprofil von Versicherern konforme langfristige Cashflows Die Flexibilisierung im Aufsichtsrecht hat die Akzeptanz dieser Anlageklassen beschleunigt und die Private Markets damit zu einer Kernkomponente von BPA-Anlagestrategien gemacht und für Innovationen in der Transaktionsstrukturierung gesorgt. Auch die Nachfrage nach diesen Anlagen hat sich dadurch erhöht. In der Folge fließt damit ein größerer Anteil des BPA-Anlagekapitals ins Private-Credit-Segment, der früher in börsennotierte Anleihen investiert worden wäre.
- Erhöhte Nachfrage nach Anleihen in anderen Währungen als Pfund Sterling: Die Emissionstätigkeit am britischen Primärmarkt ist in diesem Jahr stark zurückgegangen, sodass nur ein begrenztes Angebot an Anleihen in Pfund Sterling besteht. Dies hat dazu geführt, dass Versicherer verstärkt in Euro- und Dollar-Anlagen investieren und ihr Sterling Währungsrisiko über Währungsswaps absichern. Die verstärkte Nachfrage nach Nicht-Sterling-Anlagen am BPA-Markt führt tendenziell zu engeren Spreads an den Primärmärkten, aber auch zu einer Reduzierung der Handelsvolumina an den Sekundärmärkten.
- In volatilen Phasen kaufen: Versicherer sind mit ihrem langfristigen Horizont und ihren großen Credit-Research-Kapazitäten stärker gegen „Störsignale“, d. h. von den Fundamentaldaten losgelöste kurzfristige Marktbewegungen, abgeschirmt. Mit sofort investierbarer Liquidität können Versicherer in Phasen einer Spreadausweitung zugreifen und die Prämien einstreichen, die andere übersehen. Parallel zu einer Stabilisierung der Märkte konzentriert sich Liquidität damit in stärkeren Werten. Bei einer Spread-Verengung kann dies jedoch dazu führen, dass Versicherer aus Liquiditäts- und Kapitaleffizienzgründen in Staatsanleihen umschichten. Dadurch reduziert sich der Kapitalfluss in Unternehmensanleihen im Rahmen von Buy-and-Maintain-Strategien, sodass auch der stabilisierende Effekt eines Anlegerkreises mit Langfristperspektive schwächer wird.
Anleger sehen sich auf der Suche nach resilienten und kapitaleffizienten Anlagen mit einem durch engere Spreads und Verschiebungen in der Angebotsstruktur gekennzeichneten Marktumfeld konfrontiert
Mag der BPA-Markt für die meisten institutionellen Anleger nur von geringem Interesse sein, hat er doch großen Einfluss auf Anlageklassen und Kapitalallokation.
Mit anhaltender Ausweitung der Bilanzsummen und Optimierung der risikobereinigten Renditen bei Versicherern werden deren Nachfragemuster Trends in der Emissionsentwicklung prägen und maßgeblichen Einfluss auf Liquiditätsströme und Bewertungen an öffentlichen und privaten Kreditmärkten haben. Anleger stellt dies in einem durch engere Spreads und Verschiebungen in der Angebotsstruktur gekennzeichneten Marktumfeld auf der Suche nach resilienten und kapitaleffizienten Anlagen vor Herausforderungen, eröffnet aber auch Chancen.
Fazit: Ein klarer Blick für das Wechselspiel zwischen dem Risikotransfer bei Pensionsverbindlichkeiten und den Kreditmärkten erleichtert die Positionierung von Portfolios und trägt zu nachhaltigen Renditen in einem finanziellen Ökosystem mit einer wachsenden Zahl von Interdependenzen bei.