Nach der Auswertung der Daten untersucht unsere Private-Markets-Researchabteilung, wie sich die veränderten makroökonomischen Bedingungen auf die Private-Debt-Renditen auswirken.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit folgenden Themen:
- Wie sich Illiquiditätsprämien im Private-Debt-Bereich mit dem Wandel des makroökonomischen Umfelds verändern.
- Welches die Treiber von Transaktionsaktivität und Nachfrage am Debt-Markt in den letzten 12 Monaten waren
- Chancen und Risiken der Private-Debt-Anlageklassen
Die Spreads von öffentlich gehandelten Unternehmensanleihen mit Investment-Grade (IG) werden derzeit auf niedrigeren Niveaus gehandelt als vor dem „Liberation Day“ im April, als Präsident Trumps Zolldrohungen weitverbreitete Volatilität auslösten.
Solche Spread-Niveaus können anhalten, solange Anleger das Rezessionsrisiko als gering einschätzen und die Zentralbanken die Zinsen weiter senken.
Nach einer kurzen Abschwächung im Anschluss an den Liberation Day hat sich die Aktivität im Bereich Private Debt inzwischen wieder erholt, da sich die Märkte beruhigt haben.
Unsere neueste Analyse hat gezeigt, dass im 3. Quartal 2025 Illiquiditätsprämien über dem langfristigen Niveau lagen. Hier gehen wir näher auf die zentralen Themen ein, welche die Preisbildung im Bereich Private Debt und die Marktchancen beeinflussen.
Illiquiditätsprämien als Grundlage für die Relative-Value-Analyse
An den Private-Debt-Märkten sind Illiquiditätsprämien ein zentraler Faktor in der Relative-Value-Analyse zwischen verschiedenen Segmenten dieses Marktes sowie im Vergleich zu den Public-Debt-Märkten, also den Anleihemärkten. Für Anleger, die einen langen Atem haben und langfristig Kapital bereitstellen können, stellen diese Prämien das Potenzial an zusätzlicher Rendite dar, die sie mit Private-Debt-Investments erwirtschaften können. Multi-Sector- oder opportunistischen Anlegern bietet sich damit die Möglichkeit, von Relative-Value-Chancen zwischen Private-Debt-Segmenten sowie von Preisverzerrungen gegenüber den Public-Debt-Märkten zu profitieren.
Unser Datenpool und unsere Methode zur Berechnung von Illiquiditätsprämien
Unser Datenpool umfasst mehr als 2.100 Private-Debt-Transaktionen über einen Zeitraum von 28 Jahren. Darin sind ausschließlich Investment-Grade-Deals in Pfund Sterling und Euro enthalten. Der Großteil des Datenpools entfällt auf interne Transaktionen, aber auch externe Transaktionen, für die uns Preisdaten vorliegen, sind darin enthalten.
Die damit berechneten Illiquiditätsprämien bilden den Spread zu einem Public-Debt-Referenzindex (ICE BofAML Index-Daten) zum Zeitpunkt der Transaktion ab und sind in Abbildung 1 als Punkte dargestellt. Die Illiquiditätsprämie entspricht einem zusätzlichen (nicht immer positiven) Renditeabstand im Vergleich zu Public-Debt-Märkten als Ausgleich für höhere Illiquidität und/oder eine komplexere Risikosituation. In Abbildung 1 ist auch die durchschnittliche Illiquiditätsprämie für das konkrete Kalenderjahr bei Gleichgewichtung der zugrunde liegenden Transaktionsdaten dargestellt.
Dazu vor allem der Risikohinweis, dass die berechneten Illiquiditätsprämien für Ratingbänder (und nicht einzelne Ratingstufen) bestimmt werden und Diskrepanzen bei Duration/Laufzeit zu den relevanten Public-Debt-Referenzindizes unberücksichtigt bleiben. Die gezeigten Illiquiditätsprämien sind daher rein indikativ.
Die durchschnittlichen Illiquiditätsprämien sind seit 2022 über alle Private-Debt-Segmente hinweg gestiegen (siehe Abbildung 1. Ursache dafür war die Verengung der Spreads öffentlicher Schuldtitel (um rund 130 Basispunkte seit Mitte 2022), während sich die Spreads privater Schuldtitel im Vergleich dazu stabil gehalten haben.1
Die Spread-Verengung bei Public-Debt-Titeln ist Spiegelbild des Optimismus am Markt. Experten erwarten eine „weiche Landung“ und wieder dem Inflationsziel entsprechende Preissteigerungsraten und Zinssenkungen der Bank of England, der Europäischen Zentralbank und der US Federal Reserve, die damit die Zinszügel weiter lockern.
Während sich staatliche Emissionen auf hohem Niveau bewegten und die Diskussion über das Länderrisiko und fiskalische Tragfähigkeit intensiver wurde, lieferten Unternehmensschuldtitel in vielen Ländern weiterhin moderat attraktive reale Erträge. Infolgedessen gab es auf dem Markt keine Probleme bei der Absorption von Emissionen von Unternehmensanleihen.
Abbildung 1: Illiquidity premia for investment grade private debt to Q3 2025 (basis points)
Past performance is not a reliable indicator of future returns. For illustrative purposes only. The value of an investment can go down as well as up and there is no guarantee that the forecasted return will be achieved.
Note: Various methodologies can be employed to calculate the illiquidity premia. The illiquidity premia shown here are calculated based on Aviva Investors’ proprietary deal information. Please note the illiquidity premia shown are measured against broad relevant public debt reference data, are rating band (not notch) matched and are not duration/maturity matched.
Source: Aviva Investors, ICE BofAML Sterling and Euro Investment Grade Corporate indices. Data as of September 30, 2025.
Nach dem Liberation Day am 2. April 2025 weiteten sich die Spreads an den öffentlichen Märkten stark aus (siehe Abbildung 2). Angesichts der nachlassenden Handelsspannungen und der Stabilisierung der Märkte liegen die Spreads von IG-Anleihen an den öffentlichen Märkten derzeit jedoch rund 20 Basispunkte unter dem Niveau vor dem Liberation Day.
Seit Jahresbeginn konnten wir ferner einen starken Preisrückgang im Private-Debt-Sektor beobachten, allerdings nicht so ausgeprägt wie auf den öffentlichen Märkten. Dies führte im Ergebnis dazu, dass die Illiquiditätsprämien im 3. Quartal 2025 weiterhin über dem langfristigen Durchschnitt lagen.
In diesem Quartal haben wir in unserer Analyse ferner differenziert zwischen Private Corporate Debt (PCD) und Asset-Based Finance (ABF). Die Ergebnisse in Abbildung 1 zeigen, dass die Illiquiditätsprämie bei ABF historisch gesehen höher ist als bei PCD. Dies liegt daran, dass ABF Verbriefungen umfasst, die aus Nischen- und neuen Strukturen bestehen können und daher auch eine „Komplexitätsprämie“ enthalten.
Abbildung 2: Public investment grade corporate credit spreads (basis points)
Source: Aviva Investors, ICE BofAML investment grade corporate index spreads over government. Data as of October 28, 2025.
An den Daten wird vor allem eines deutlich: Illiquiditätsprämien sind nicht statisch, sondern verändern sich über den Marktzyklus. Außerdem entwickeln sich die Illiquiditätsprämien in den verschiedenen Private-Debt-Segmenten nicht im Gleichlauf, was auf eine jeweils unterschiedliche Marktdynamik schließen lässt.
Spreadentwicklung am Private-Debt-Markt
Ein wichtiger Faktor dabei sind die „trägen“ Spreads in Private-Debt-Segmenten, die nur langsam auf die Entwicklung bei Anleihen reagieren.
- Im Bereich Real Estate Debt bewegen sich die Spreads in der Regel am langsamsten. Erfahrungsgemäß korrelieren die Illiquiditätsprämien in diesem Bereich daher mit dem Immobilienzyklus. Wenn die Immobilienbewertungen sinken, fallen auch die Illiquiditätsprämien, und bei wieder steigenden Bewertungen erholen sich die Prämien ebenso.
- Im Bereich Infrastructure Debt sind die Spreads leicht träge und folgen den Public-Debt-Märkten nur allmählich.
- Im Bereich Private Corporate Debt ist die Trägheit der Spreads am geringsten. In diesem Segment vollzieht sich die Anpassung an das Spreadniveau bei Anleihen am schnellsten. Langfristig dürften sich die Illiquiditätsprämien also tendenziell in einer engeren Spanne bewegen. So sind auch die höchsten Illiquiditätsprämien in Phasen höherer Marktvolatilität, insbesondere bei geringer Verfügbarkeit von Kapital aus traditionellen Finanzierungsquellen, zu beobachten.
Abbildung 3 zeichnet ein nuancierteres Bild von der Spread-Entwicklung. Für Anleger heißt dies, dass bei Private Debt ein Multi-Asset-Ansatz sinnvoll sein kann, können sie damit doch die aus den Bewertungsunterschieden zwischen den verschiedenen Segmenten resultierenden Anlagechancen nutzen.
Abbildung 3: Preisentwicklung in den Private-Debt-Segmenten
Past performance is not a reliable indicator of future returns.
Note: ILP = Illiquidity Premia.
Source: Aviva Investors, 2025.
Infrastructure Debt
Die Transaktionen im Bereich europäischer Infrastrukturkredite blieben stabil und lagen im 3. Quartal 2025 bei rund 54 Mrd. EUR.2 Angeführt wurden die Transaktionen von Deutschland (14 Mrd. EUR), Spanien (9 Mrd. EUR) und Frankreich (8 Mrd. EUR). Mit fast 10 Mrd. EUR war der Solarsektor der größte Untersektor.
Bei den meisten großen Transaktionen handelte es sich um Refinanzierungen, wobei die größte GD Towers war. Es gab zudem die größte Refinanzierung eines Greenfield-Assets, nämlich die erste Phase der portugiesischen Hochgeschwindigkeitsbahnlinie.
Das Vereinigte Königreich verzeichnete ein gutes Quartal, in dem rund 15 Mrd. GBP an Transaktionen abgeschlossen wurden. Zu den wichtigsten Transaktionen gehörten der Offshore-Windpark East Anglia 3 und das Haweswater-Aquädukt. Den Prognosen der Financial Times und Infralogic zufolge könnte im Jahr 2025 das bisherige Rekordvolumen (erzielt im Jahr 2021) übertreffen werden, wobei die Preise sich kaum bewegen und etwa dem Vorquartal entsprechen dürften.3
Real Estate Debt
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 flossen 22,3 Mrd. GBP in den britischen Immobilienkreditmarkt, ein neuer Rekord. 4Doch trotz dieser Summe leidet die Branche weiter unter geringen Volumina an neuen zugrundeliegenden Transaktionen (ca. 25 Prozent), während gleichzeitig viel Liquidität für Immobilienkredite bereitsteht. Über besonders hohe Liquidität verfügen nordamerikanische Versicherer und Debt-Fonds.
Dadurch geraten die Margen unter Druck, vor allem in den beliebteren Anlageklassen wie dem Wohn- und Industrieimmobilien. Der Margendruck hat mittlerweile auch erstklassige Büroimmobilien, Hotels und sogar einzelne Retail-Klassen erfasst. Allerdings sind die Kosten für langfristige Finanzierungen im historischen Vergleich nach wie vor hoch. Entsprechend suchen Kreditnehmer nach kürzeren Laufzeiten und Finanzierungen mit nur begrenzten Einschränkungen in Bezug auf eine vorzeitige Rückzahlung.
Auch in Europa ist im Immobilienkreditmarkt insgesamt eine spürbare Margenverengung zu beobachten, vor allem in den bevorzugten Bereichen. In den weniger gefragten Bereichen dagegen, etwa im Einzelhandel oder bei Büroimmobilien, sind die Margen indes weniger stark unter Druck geraten. Zwar ist der Markt für längerfristige Finanzierungen weniger tief als im Vereinigten Königreich, doch einige Kreditnehmer nutzen das aktuelle Zinsniveau, um sich längerfristig günstige Finanzierungskosten zu sichern.
Private Corporate Debt
Bei weiter sinkenden Zinsen dürfte das Emissionsvolumen im Investment-Grade-Bereich zulegen.
Bei weiter sinkenden Zinsen dürfte das IG-Emissionsvolumen im Private-Corporate-Debt-Bereich steigen. Immer mehr Emittenten mit festverzinslichem Finanzierungsbedarf haben Privatplatzierungen wieder für sich entdeckt, vor allem bei längeren Laufzeiten in den Marktsegmenten unterhalb von Staatsanleihen und quasi-staatlichen Sektoren.
Nach wie vor sind die risikoadjustierten Renditen in den USA und Kontinentaleuropa attraktiver als im Vereinigten Königreich, wo die Situation von reichlich Versicherungskapital, aber relativ wenigen geeigneten Investments geprägt ist.
Forderungsbesicherte Finanzierung
Im Markt für forderungsbesicherte Finanzierungen beobachten wir ein wachsendes Angebot an Fund-Finance-Transaktionen. Grund für deren wachsende Beliebtheit ist die wachsende Nachfrage sowohl von General Partnern als auch von Limited Partnern.
Zudem sehen wir zunehmend Feeder-Transaktionen mit Rating, die Versicherern als kapitaleffizienter Weg angeboten werden, um Engagement in privaten Anlagen aufzubauen.